Sonntag, 12. Juni 2016

Überschwemmungen, Streiks und die EM!

Zurzeit ist einiges los in Frankreich. Nach mehreren heftigen Gewittern sind viele Teile des Landes überschwemmt. Vor allem Paris hat das Unwetter relativ stark getroffen. Die amerikanische Gruppe aus meiner Schule hat das letzte Wochenende in Paris verbracht. Für die meisten war es der erste Besuch in der französischen Hauptstadt. Doch leider bekamen sie die sonst so schöne und romantische Stadt der Liebe in einem ganz anderen Licht zu sehen, nämlich überschwemmt. Braune Wassermassen ziehen sich durch die gesamte Stadt. Einige Museen, wie das Louvre, konnten nicht besichtigt werden. Die Kunstwerke, die sich normalerweile unter der Erde befinden, mussten umgelagert und vor der Überschwemmung geschützt werden. Auch in Straßburg gab es einige heftige Gewitter mit leichten Überschwemmungen in der Region. In der Stadt selbst wurde nicht viel angerichtet, da sie durch den Kanal geschützt ist, während es die Gemeinden Straßburgs wesentlich stärker getroffen hat. Dabei entstanden Bilder von durch Wasser fahrenden Straßenbahnen, sinkenden Autos und aufgerissenen Straßen. Die Ill ist immer noch braun und nicht schön anzusehen. Ständig gibt es neue Gewitter. In Straßburg gibt es nur Extreme: entweder 30 Grad und purer Sonnenschein oder Gewitter. Dazwischen gibt es kaum etwas. 

Gestern war ich gemeinsam mit vier Freunden in unserer Stamm-Brasserie "Au Brasseur". Während wir gemütlich unsere Getränke schlürften und uns angeregt unterhielten, hielt das Dach dem Regen nicht weiter stand und das Wasser drang in die Kneipe. Dies war wieder einer der Momente, in dem die unterschiedlichen Handlungsweisen zwischen Frankreich und Deutschland deutlich wurden. Zunächst verteilten die Mitarbeiter Eimer und Biergläser rundum die Theke, um das Wasser aufzufangen, und wischten ununterbrochen den Boden. Erst als es immer schlimmer wurde, die Lichter ausgingen und immer mehr Wasser das Dach durchdrang, wurde Hilfe gerufen und die Bar geschlossen. Das ist typisch französisch; alles ist etwas chaotisch, aber daran habe ich mich mittlerweile bereits gewöhnt.


STREIKS

Dass in Frankreich viel gestreikt wird, ist wohl kein Geheimnis. Doch wie häufig tatsächlich gestreikt wird, ist wirklich erschreckend. Die Züge fahren so selten, dass man unbedingt auf andere Fortbewegungsmittel setzen sollte, wenn man einen wichtigen Termin hat. Auch die Tram fährt häufig nicht. Inzwischen streiken nach den Lokführern auch die Pariser Müllmänner und ab heute die Piloten von Air France. In Paris stapelt sich der Müll, die Menschen kommen nur schwierig von A nach B und das Ganze genau zur EM. Eine meiner Klassenkameradinnen ist gestern zurück in die Heimat geflogen. Da ihr Flug von Paris aus startete, hatte sie zunächst das Problem, mit dem Zug von Strasbourg nach Paris zu fahren, da viele Züge aufgrund des Streiks ausfielen. Anschließend erfuhr sie, dass auch die Fluggesellschaft, mit der sie fliegen wollte, streikt. Ich habe bisher noch nichts von ihr gehört, aber ich hoffe, dass sie inzwischen, trotz der vielen Hindernisse, gut in der Heimat angekommen ist. Ich bin wirklich froh, dass mich diese Probleme nicht betreffen.

EUROPAMEISTERSCHAFT

Vorgestern begann die diesjährige Europameisterschaft, Championnat d'Europe, in Frankreich. Ich habe erwartet, dass die Stimmung hierzulande großartig sein würde, da die EM schließlich hier stattfindet. Allerdings ist nicht sehr viel von der EM-Stimmung, wie man sie aus Deutschland kennt, zu spüren. Bis auf die Cola-Dosen mit Bildern der französischen Nationalmannschaft, konnte ich hier noch nichts finden, das darauf hindeutet, dass die Europameisterschaft in Frankreich stattfindet. Ich habe mit riesigen Public Viewings gerechnet, doch Fehlanzeige: da in Frankreich immer noch der Ausnahmezustand herrscht, ist das Public Viewing und die Ansammlung großer Menschenmassen hierzulande verboten. Es gibt lediglich ein großes Public Viewing am Eiffelturm in Paris. Abgesehen davon, dass es keine großen Live-Übertragungen, aufgrund der politischen Situation Frankreichs, gibt, ist die Fusball-Mentalität eine ganz andere als bei uns. Man hat den Anschein, die Franzosen interessieren sich nicht allzu sehr für die Europameisterschaft. Für mich persönlich ist das nicht wichtig, da ich nicht der größte Fußballfan bin. Es ist lediglich eine ungewohnte Atmosphäre während der EM. Heute werde ich mir trotzdem zusammen mit zwei deutschen Freundinnen das Spiel zwischen Deutschland und der Ukraine anschauen. Innerhalb der Bars, in denen die Spiele übertragen werden,  kommt man so allmählich auch in EM-Stimmung und wir werden bestimmt Spaß haben.

Momentan gibt es zwar eine ganze Reihe von Negativ-Schlagzeilen über Frankreich und ich bekomme vieles davon auch tatsächlich vor Ort mit, doch bin ich trotz alledem froh, hier zu sein und genieße die Zeit in vollen Zügen. Überschwemmungen, Streiks und Fußballmuffel sind für mich kein Grund, meinen Auslandsaufenthalt weniger zu genießen.